Sie ist die häufigste und zweitgrößte heimische Wildgans, von der unsere heutige weiße Hausgans abstammt. In größeren Gruppen passt man aufeinander auf und warnt sich lautstark vor Gefahren.
Die alten Römer waren in vielen Dingen auf Zack, auch in der Bewachung ihrer Stadtmauern. Sie haben schon vor über 2.000 Jahren erkannt, dass Graugänse laut und wehrhaft sein können, wenn sie vor Gefahren warnen bzw. sich verteidigen wollen. Also setzten sie diese kurzerhand als Wachen ein.
Bis heute gelten Graugänse – genau wie Hausgänse – als äußerst effektiv, um auf Haus und Hof aufzupassen. Im Idealfall legt man sich gleich mehrere zu, denn Gänse gelten als äußerst sozial und leben bevorzugt in Familienverbänden, in denen stets ein Auge auf ihre Artgenossen haben.
Merkmale

Die Graugans (lateinisch: Anser anser) ist, nach der Kanadagans, die zweitgrößte Wildgans in Europa und gilt als Vorfahr der domestizierten Hausgans. Sie erreicht eine Gesamtlänge von 76 bis 89 Zentimeter und ein Gewicht von etwa 3,5 Kilogramm. Von Saatgänsen, einer ebenfalls hierzulande verbreiteten Wildgans, unterscheiden sie sich durch ihr ihr helleres, graues Gefieder. Vor allem Hals, Kopf und Vorderflügel sind bei der Saatgans deutlich dunkler und bräunlicher.
Sie lebt und fliegt in großen Gruppen und ist gut an ihren lauten und lang gezogenen Rufen zu erkennen. Insgesamt verfügt sie über mehr als Dutzend verschiedener Lautäußerungen; dazu gehören laut NABU auch knurrende, zischende und trompetende Laute. Dabei klingt sie nasal gackernd und betont die erste höhere Silbe. Die Graugans gilt als sehr mitteilsam. Kommt es zu Rangkämpfen, stößt der Sieger Triumphgeschrei aus. Droht Gefahr, verkündet sie dies ebenfalls. Mitunter kommt es sogar zu Duetten.
Lebensraum und Nahrung
Die Graugans ist während des Zuges in praktisch ganz Europa zuhause. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst Großbritannien, Skandinavien und Griechenland sowie schwerpunktmäßig die Niederlande, Deutschland, Österreich, Ungarn und Tschechien. In Deutschland liegen große Brutgebiete in der Norddeutschen Tiefebene, der Mecklenburgischen Seenlandschaft, der Uckermark, auf Fehmarn, am Niederrhein, an der Weseraue und östlich der Elbe. Die Graugans ist generell an Feuchtgebieten anzutreffen, z. B. auf Flüssen, an der Küste, an Seen oder Teichen. Aber auch Wiesen, Weiden und Stoppelfelder gehören zu ihren Lebensräumen.
Im Mai und Juni wechselt die Graugans ihr Federkleid und es kommt zu riesigen Ansammlungen von Tieren. Das Spektakel lässt sich am besten am Hauke-Kaien-Koog in Schleswig-Holstein beobachten, dem größten deutschen Mauserplatz der Graugans. Allein hier kommen bis zu 10.000 Vögel zusammen. Bei der Mauser verlieren Graugänse ihre Schwungfedern; es dauert bis zu fünf Wochen, bis diese vollständig nachgewachsen sind. Bis dahin sind sie flugunfähig und verbleiben an ihren Sammelplätzen.
Graugänse sind Vegetarier und ernähren sich von Pflanzen – sowohl Land- als auch Wasserpflanzen. Dazu gehören Gräser, Kräuter, Wurzeln und Stauden, aber auch Kartoffeln und Rüben. Vor allem im Herbst und Winter suchen sie auch auf Mais- und Getreidefeldern nach Futter.
Lebensweise und Fortpflanzung 
Graugänse leben in großen Schwärmen und bilden zur Brutzeit Paare, die in der Regel ein Leben lang zusammenbleiben, wobei die Gans den Ganter erwählt. Ende Februar bis März beginnt die Eiablage. Die Graugänse bauen laut BUND Nester aus Schilfhalmen in kleinen Röhrichten oder Inseln, wo sie vor Nesträubern, z. B. Füchsen, geschützt sind. Jede Gans legt zwischen vier und zehn Eier, die sie etwa vier Wochen lang ausbrütet.
Ab April schlüpfen die Jungen – genannt Gössel – und bilden mit ihren Eltern Familienverbände, die etwa ein Jahr bestehen bleiben. In dieser Zeit lernen sie alles, was sie für das Leben wissen müssen: Sozialverhalten, Nahrungssuche, Rastplätze oder Zugrouten. Anfang haben die Gössel einen typischen gelblichen Schimmer, der jedoch sehr schnell verblasst und grau wird.
Forschungen haben gezeigt, dass frisch geschlüpfte Gössel auf die Tiere oder Personen geprägt werden, die sie als erstes sehen. Die Prägung ist danach nicht mehr umkehrbar. Diesem Tier oder dieser Person folgen sie bedingungslos.
Graugänse werden sehr alt, im Durchschnitt etwa 17 Jahre. Einzelne Tiere können sogar über 20 Jahre alt werden.
Gefährdung und Gefahren
Es gibt einige Fressfeinde, die der Graugans gefährlich werden können, u. a. Seeadler, Füchse, Marder oder Wölfe. Insbesondere Gössel und Jungvögel sind bei Raubtieren und -vögeln sehr begehrt; Krähen, Raben, Möwen und Fischotter machen auf sie Jagd.
Heutzutage gelten Graugänse als nicht gefährdet. Das sah bis Mitte des 20. Jahrhunderts noch ganz anders aus: Jahrzehntelange intensive Bejagung hatte dazu geführt, dass die Graugans als Brutvogel um 1900 aus weiten Teilen Mitteleuropas verschwunden war.
Ab etwa 1950 konnte die Population durch verschiedene Wiederansiedlungsprojekte stetig wieder aufgebaut werden, so dass der Gesamtbestand in Europa aktuell auf etwa 300.000 Tiere geschätzt wird.
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