Die Populationsdichte des Rebhuhns in Deutschland befindet sich in einem freien Fall. Die Gründe für den drastischen Rückgang des eigentlich sehr anpassungsfähigen Hühnervogels erfahren Sie hier ...
Unser kleiner Anpassungskünstler lebte ursprünglich in Steppen und Waldsteppen, bevor er zu Beginn der Frühen Neuzeit von der damaligen Ausweitung der Acker- und Heideflächen in Mitteleuropa profitierte. Jedoch ist in den vergangenen Jahrzehnten ein drastischer Bestandsrückgang zu verzeichnen, weshalb das Rebhuhn in Deutschland aktuell als stark gefährdet gilt.
Merkmale
Rebhühner (Perdix perdix) gehören zur Familie der Fasanenartigen und werden mit ihren acht Unterarten zu den Hühnervögeln gezählt. Als sogenannte Standvögel bleiben sie auch im Winter bei uns und ziehen nicht in wärmere Gebiete.
Obwohl sie das ganze Jahr unter uns verweilen, sind die Momente, in denen wir Rebhühner zu Gesicht bekommen, eher selten geworden. Das mag zum einen daran liegen, dass sich ihr Federkleid farblich perfekt an ihre Umgebung und ihren Lebensraum anpasst, aber hauptsächlich daran, dass ihre Bestände stark zurückgegangen sind.
Aus der Ferne wirkt das grau-braune Gefieder fast ein wenig schmutzig – erst bei näherer Betrachtung kommen markante Zeichnungen, wie die fast leuchtend-orangerot-braune Gesichtsmaske und der rostbraun gezeichnete Hals, zum Vorschein. Die Farbe der Flanken reicht von hellgrau bis zu einem satten Kastanienbraun und auf seiner schmalen Brust befindet sich häufig ein charakteristischer, dunkler Fleck in Form eines Hufeisens.
Äußerlich wirkt das Rebhuhn mit einer Körpergröße von 20 cm bis 30 cm und einem Gewicht von durchschnittlich 390 g eher unscheinbar, sein kompakter Körperbau macht es jedoch zu einem hervorragenden Laufvogel und Kurzstreckenflieger. Meistens bewegt sich das Rebhuhn in einem schreitenden Gang fort, es kann aber mit seinen kurzen Beinen ebenfalls schnell laufen und ist mit seinen runden Flügeln und dem kurzen Schwanz hervorragend auch für längere Gleitflüge ausgestattet.
Lebensraum und Nahrung
Die Verbreitung von Rebhühnern erstreckt sich von Westeuropa bis nach Zentralsibirien, wobei sich der bevorzugte Lebensraum eher in tieferen Lagen bis ca. 600 Metern unter dem Meeresspiegel befindet.
Als einstiger Steppen- und Waldsteppenbewohner wurde das Rebhuhn nach den Baumrodungen während des Mittelalters in Mitteleuropa und dem gleichzeitigen Beginn unseres hiesigen Ackerbaus zu einem unserer indigenen Kulturfolger. Es konnte derart von der Veränderung seiner Umgebung profitieren, dass heute eine offene Landwirtschaft mit Feldern, Äckern und Heiden, aber auch Wald- und Wiesenränder mit schützenden Hecken und Büschen seinen Lebensraum darstellt.
In den ersten Lebensmonaten ernähren sich die kleinen Jungtiere von eiweißreichen Insekten wie Spinnentieren, Ameisen, Larven, Käfern, Schmetterlingsraupen und Blattläusen. Ausgewachsene Rebhühner bevorzugen eine überwiegend pflanzenbasierte Kost, bestehend aus beispielsweise grünen Pflanzenteilen, Gräsern, Getreidekörnern, Beeren oder Wildkräutersamen. Insekten wie Zikaden, Heuschrecken und Wanzen stehen bei erwachsenen Tieren hingegen nur noch gelegentlich auf dem Speiseplan. Ihren täglichen Bedarf an Flüssigkeit decken die Rebhühner über ihre Nahrung und den Tau auf den Pflanzen ab.
Zur Nahrungsaufnahme wird der kräftige Schnabel zum gezielten Aufpicken und die Krallen zum Scharren genutzt. Da Hühner über einen Muskelmagen verfügen, ist es ganz normal, dass kleine Steinchen mitaufgenommen werden, da diese anschließend im Magen für das Zermahlen der Nahrung verantwortlich sind.
Lebensweise und Fortpflanzung
Rebhühner gehören zu den ausgesprochen sozialen Artgenossen unseres heimischen Tierreichs. Sie kommunizieren untereinander durch verschiedene Gesänge und Laute. Beispielsweise macht sich der Hahn während der Balz durch ein schnarrendes „Kirr-ek“ bemerkbar, wobei der interne Kontaktruf eher nach einem „Grrriweck“ klingt.
Sie sind keineswegs Einzelgänger, sondern leben in harmonischen Gruppenverbänden und Paare bleiben oft über einen längeren Zeitraum zusammen. Der Familienverband, der nach der Aufzucht der Brut entsteht, solange die Jungtiere noch bei der Familie bleiben, wird von Tierforschern als „Kette“ bezeichnet. Bevor es jedoch überhaupt zur Fortpflanzung kommt, beginnt die Henne nach dem Sommer mit dem Nestbau in Form einer Mulde im Boden. Bei Einbruch des Winters und zunehmender Kälte, spätestens aber im Frühjahr, rücken auch die Rebhühner im wahrsten Sinne „näher zusammen“, sodass Hahn und Henne in einer fast gemütlich-kuscheligen Atomsphäre den Moment der Fortpflanzung vollziehen.
Die Hauptlegezeit ist Mitte Mai. Je nach Zeitpunkt der Fortpflanzung beginnt die Legezeit jedoch bereits im April und endet spätestens Mitte Juli. In einem Zeitraum von rund drei Wochen legt die Henne zwischen 8 und 24 grau-braun bis blass-olivfarbene Eier, worauf im Anschluss die rund 25-tägige Brutzeit folgt. Bei der Brut und der anschließenden Aufzucht wird die Henne von ihrem Partner unterstützt, indem er einerseits das Nest bewacht und sie andererseits bei der Brut ablöst.
Nach der Brutzeit beginnen die frisch geschlüpften Küken bereits am 13.-14. Tag mit den ersten Flugversuchen, welche über die Sommermonate hinweg innerhalb des Familienverbands, also der Kette, fleißig geübt werden. Über den Winter oder auch bis zur nächsten Balz im folgenden Frühjahr verbleiben sie meist in ihrer Kette, um sich danach ihrer eignen Fortpflanzung zu widmen.
Natürliche Feinde
Der Lebensraum und die Umgebung spielen eine große Rolle für die Fortpflanzung und das Überleben der Jungtiere in den ersten Wochen. Neben dem Menschen gehören in der Natur beispielsweise Füchse, Marder, Krähen und Beutegreifer zu den natürlichen Feinden der Rebhühner. Um sich vor ihnen zu schützen, haben Rebhühner jedoch einen cleveren Trick entwickelt. Sie drücken ihren Körper flach auf den Boden, sodass sie aufgrund ihres bräunlichen Federkleides mit ihrer Umgebung verschmelzen.
Auch ihre Gelege sind vor äußeren Einflüssen gefährdet: Zum einen ist ein Gelege-Raub durch andere Tiere möglich, zum anderen sind schwere Landmaschinen für die Zerstörung der Nester verantwortlich. Geht das Gelege frühzeitig verloren, kann es aber noch zu einem „Nachgelege“ kommen, indem die Henne erneut Eier legt.
Gefährdung
Das Rebhuhn ist leider in wenigen Jahrzehnten von einem sehr häufigen, zu einem stark gefährdeten Vertreter seiner Art geworden. In Deutschland leben aktuell geschätzt nur noch rund 50.000 Brutpaare, was auf einen Bestandsrückgang um 91 % seit 1980 zurückzuführen ist. Allein in Niedersachsen ist der Bestand von 2006 um 70 % gesunken. Ein Blick auf unsere Nachbarländer, wie zum Beispiel der Schweiz, wo das Rebhuhn seit 2019 ausgestorben ist, zeigt: Ohne geeigneten Lebensraum wird das Rebhuhn vermutlich auch bei uns in Zukunft vom Aussterben bedroht sein.
Verantwortlich für den Bestandsrückgang sind hauptsächlich fehlende Nahrung für Jung- und Alttiere, fehlende oder schlechte, ungeschützte Brutplätze sowie die Bejagung durch natürliche Feinde oder auch Menschen. Fehlende Insekten und das damit einhergehende Eiweißdefizit in den ersten Lebenswochen führen zu einem frühzeitigen Sterben der frisch geschlüpften Küken und Jungtiere, wohingegen den Erwachsenen die Grünpflanzenteile und Kräuter fehlen.
Geeignete Plätze mit ausreichendem Schutz für den Nestbau oder gar die Brut sind etwa durch fehlende Feldraine heute kaum noch vorhanden. Intensivierte Landwirtschaft, die derzeitige Flächennutzung, großflächiger Einsatz von Insektiziden, Pestiziden und Herbiziden, sowie letztendlich auch unsere europäischen Witterungsverhältnisse, bieten keine ideale Umgebung und entziehen den Rebhühnern somit die Grundlage für ihre Fortpflanzung und das Überleben.
Trotz des landwirtschaftlichen Wandels gibt es Hoffnung für das heimische Rebhuhn. Die Uni Göttingen, sowie auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) haben in Projekten und Kampagnen nachgewiesen, dass sich der weitere Bestandsrückgang mit Veränderungen bei der Ackernutzung und Bepflanzung aufhalten lässt. Die naheliegendsten und einfachsten Schritte sind ein vollständiger Verzicht auf Bejagung, eine Reduzierung von Düngemitteln, Insektiziden und Pestiziden, oder auch ein längeres Stehenlassen der Stoppelfelder, wie das Forschungsprojekt aus Göttingen gezeigt hat.
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