Bundeslandwirtschaftsministerium Julia Klöckner hat heute den Tierschutzbericht 2015-2018 vorgelegt und in einer Presseerklärung die „Verbesserungen im Nutztierbereich“ hervorgehoben. Dazu kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:
Die Klöckner‘sche Bilanz ist eine Tiernutzerbilanz, keine Tierschutzbilanz
„Die Bundesministerin feiert sich in ihrer Presseerklärung selbst. Viele Verbesserungen im Nutztierbereich? Wohl kaum. In den letzten Jahren hat sich Frau Klöckner vor allem als Ministerin der Tiernutzer alle Ehre gemacht. So wäre die betäubungslose Kastration von Ferkeln eigentlich längst verboten. Eigentlich - hätte der Deutsche Bundestag mit Wohlwollen der Ministerin das schon bestehende Verbot nicht gekippt und die Qual der Ferkel um weitere zwei Jahre verlängert. Dasselbe gilt für das Kükentöten, das eigentlich - glaubt man dem Koalitionsvertrag – ebenfalls längst verboten sein sollte. Stattdessen arbeitet man in Klöckners Ministerium immer noch an rein technischen Lösungen, die in der Fläche noch lange nicht einsetzbar sind und das alte kaputte System am Leben erhalten. Die Regierung hat in der Kükenfrage gänzlich versagt. Wer hier von einem "Durchbruch" spricht, hat offenbar noch nicht verstanden, was Tierschutz bedeutet. Wenn dies ein Durchbruch ist, steht es wahrlich schlecht um den Tierschutz in Deutschland.
Offenbar ist der Bundesregierung zwar bewusst, dass der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz verankert ist. An ihrem Handeln - das wirtschaftlichen Interessen stets Vorrang einräumt - ist dies aber nicht erkennbar. Freiwillige Lösungen mit der Branche hier, kleinere Reparaturen am kaputten System da, im Großen und Ganzen aber Rückschritte im Tierschutz - das ist die bisherige Bilanz dieser Regierung. Dazu passen die Pläne, die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Anfang 2020 anzupassen und einen Passus zu streichen, der Sauen im Kastenstand zumindest das Ausstrecken ihrer Gliedmaßen zugesteht. Dabei ist es offenbar völlig egal, dass mit dieser Verschlechterung für die Tiere gegen das Grundgesetz verstoßen wird. Eine Bundesministerin, die sich für diese Arbeit selbst als Tierschützerin feiert, kann nur als heuchlerisch bezeichnet werden.
Statt Landwirte in Sicherheit zu wiegen und Verbrauchern vorzugaukeln, dass man schon vieles erreicht habe, wäre es Aufgabe des Gesetzgebers, proaktiv den unausweichlichen Wandel in der Landwirtschaft – hin zu mehr Tierschutz - vorzugeben.
Doch nicht nur im Nutztierbereich ist die Tierschutz-Politik der Bundesregierung enttäuschend. Die Exopet-Studie, mit der das Ministerium Daten zur Heimtierhaltung erhoben hat, liegt schon länger vor – Konsequenzen zur Verbesserung des Tierschutzes lassen aber noch immer auf sich warten. Die wohlklingenden Ankündigungen der Regierung, Tierversuche durch Alternativen zu ersetzen, sind nicht der Rede wert. Statt hier mit gutem Beispiel voranzugehen, ist das Gegenteil der Fall: Die EU musste ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten, weil EU-Vorgaben nicht korrekt umgesetzt wurden. Ein Verbot von Wildtieren im Zirkus wird – entgegen Klöckners Ankündigungen hier tätig zu werden und der klaren Meinung von Experten – ebenfalls nicht umgesetzt. Diese Tierschutzproblematik findet im Tierschutzbericht nicht einmal Erwähnung.“
Der Deutsche Tierschutzbund hatte seine Kritik – u.a. auch bei den Themen Heimtiere, Zirkus oder Tierversuchen – im Oktober bereits zur Halbzeit der Großen Koalition öffentlich gemacht: www.tierschutzbund.de/news-storage/organisation/231019-halbzeitbilanz-der-grossen-koalition
Mit freundlichen Grüßen
Presseabteilung
Deutscher Tierschutzbund e.V.
In der Raste 10
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