Januar 2015
In Bochum-Wattenscheid findet jährlich am Rosenmontagszug das traditionelle "Gänsereiten" statt. Dabei wird eine zuvor ermordete Gans an den Füßen zwischen zwei Bäumen aufgehängt und mehrere Reiter versuchen ihr im Galopp den Kopf abzureißen. Wem das gelingt, der darf sich für ein Jahr "Gänsereiterkönig" nennen. Bis dahin muss der Gans der Hals immer wieder angeschnitten werden. Während in anderen Städten mittlerweile Attrappen verwendet werden, hält Bochum-Wattenscheid an der toten Gans fest.
Das ursprünglich aus dem 16. Jahrhundert stammende Brauchtum wurde damals von spanischen Kriegsleuten übernommen und diente in erster Linie dem Training der Reiter und sollte diesen jegliche Skrupel nehmen. Damals riss man noch einer lebenden Gans den Kopf ab, was durch eine "landesherrliche Verordnung" bereits 1806 verboten wurde.
Heute rechtfertigen die Gänsereiter den Erhalt ihrer Tradition damit, dass die Gans bereits zuvor getötet und anschließend gegessen wird. Seit der Eingemeindung Wattenscheids in Bochum hat das Gänsereiten als lokalpatriotisches Ereignis zusätzlich an Gewicht gewonnen. Sowohl das Reiten als auch das Abreißen des Kopfes, also das Ausbeuten und Ermorden von Lebewesen, werden als Karnevalsbrauchtum und spannendes Spektakel dargestellt.